09. Juli 2025
Ich allein kann kein Spiel gewinnen, sondern nur das Team. Das ist die Leitmaxime von Horst Zinsheimer, schon als Jugendwart seines Fußballvereins im hessischen Wölfersheim, und erst recht als Vorsitzender des BDH-Kreisverbandes Oberhessen.

Und so verwundert es nicht, dass dieses Amt eigentlich im Doppelpack mit seiner Frau Ina und einem achtköpfigen Vorstand seit über 24 Jahren eine BDH-Erfolgsgeschichte ist.
Die Leute merken, im BDH wird gleich was gemacht. Das ist die beste Werbung.
Alles begann mit einer Empfehlung aus der Verwandtschaft. Das war vor 27 Jahren. Damals brauchte Host Zinsheimer selbst wegen eines gesundheitlichen Problems schnelle sozialrechtliche Hilfe. Sein Antrag auf Schwerbehinderung war gerade abgelehnt worden, vier Wochen hatte er Zeit, Einspruch zu erheben. Da sich die Unterstützung eines anderen Sozialverbandes in unbestimmte Länge zog, folgte er dem Rat, wandte sich an den BDH nach Bonn und wurde Mitglied. Dann klappte es auch mit dem Recht. Im Laufe der Zeit konnte er bei anderen notwendigen sozialrechtlichen Anträgen immer wieder auf die schnelle und unkomplizierte Unterstützung des BDH bauen. Das sprach für den BDH. Auch seine Frau wurde einige Zeit später Mitglied. Solidarisch. Das ist hier bei uns normal, so sagt er. Aber, dass sie auch seine aktive „Spielzeit“ beim BDH zum Laufen brachte, ist schon ungewöhnlich.
Der Heimatkreisverband von Horst Zinsheimer wurde zunächst Friedberg, aber dessen Vereinsleben fand damals sehr reduziert statt, weil die Aktiven in die Jahre gekommen waren. Als zwei Jahre später die Einladung des Landesverbands Hessen zur außerordentlichen Mitgliederversammlung zur Rettung des Kreisverbandes kam, ermutigte Frau Zinsheimer ihren Mann: „Fahr doch mal hin, guck dir das an.“ Sie war damals noch als Krankenschwester und im Betriebsrat der Klinik Schotten tätig, hatte an dem Wochenende Frühdienst und versprach sich an diesem Tag selbst ein bisschen Ruhe danach. Sie lacht, als sie das erzählt. Denn ihr Mann kam mit einem Amt wieder. So begann ein gemeinsames Engagement, dass beide bis heute nicht loslässt.
Zinsheimer war der Jüngste in der Versammlung, das qualifizierte ihn in den Augen der Anwesenden, Verantwortung zu übernehmen, auch wenn er sich das damals gar nicht selbst zutraute. „Vorne an der Spitze stehen, das hatte ich noch nie vorher gemacht“, sagt er.
An diesem Tag bekam man den kompletten Vorstand zusammen. Das half ihm, sich darauf einzulassen. Gemeinsam im Vorstand hat man noch am selben Abend die Papierstapel geordnet und den ersten Ausflug mit dem Bus nach Würzburg und dann mit dem Schiff nach Aschaffenburg geplant. Als es soweit war, war der ganze Bus voll, und die Mitglieder merkten, dass wieder Leben in den Verein einzog. Ein halbes Jahr später fand die ordentliche Mitgliederversammlung bereits mit deutlich mehr Beteiligung statt.
„Waren wir am Anfang 58, zählt der Kreisverband heute 250 Mitglieder.“ Das sagt Horst Zinsheimer nicht ohne Stolz. „Unser ältestes Mitglied ist 105 Jahre alt, sie ist die Einzige, die gemeinsam mit uns angefangen hat und noch dabei ist. Das verpflichtet: Wir schauen regelmäßig nach ihr, da sie noch in der eigenen Wohnung lebt.“
Um bekannter zu werden, hängte der junge Vorstand unter anderem zunächst viele Plakate in Friedberg auf und lud den Leiter des Versorgungsamtes Gießen ein. Zu ihm entwickelten sich in den darauffolgenden Jahren vertrauensvolle kurze Wege, ebenso zur regionalen Selbsthilfekontaktstelle.

Aber besonders viel passiert bis heute über Mund-zu-Mund-Propaganda. Familie, Freunde, Kolleginnen, Kollegen und Nachbarn wissen, dass unter dem Dach des Hauses im malerischen Fachwerkort Nidda eine Familie lebt, die sich für andere stark macht. Allein, aus dem benachbarten Heimatort von Horst Zinsheimer sind über 25 Menschen mittlerweile BDH-Mitglied. Frau Zinsheimer hat im nahegelegenen Krankenhaus gearbeitet, auch von dort stießen Kolleginnen und Kollegen zum Kreisverband.
Das Telefon in Nidda kennt keine Sprechstunde. Die Zinsheimers wissen, dass die Anrufenden in Not sind, und melden sich so schnell wie möglich zurück. Wie oft er sich mit seinen BDH-Papieren zu den Ratsuchenden auf den Weg gemacht hat und wie viele Kilometer er bis heute für den BDH unterwegs war, weiß Horst Zinsheimer nicht mehr so genau: „Ich bin zu jedem hingefahren, weil man persönlich jemanden in die Augen schauen und dann andere Fragen stellen kann.“
Muss man für die Arbeit nicht viel wissen? „Es war alles Learning by doing”, antwortet Horst Zinsheimer, der in seinem früheren Leben Metzger war und „in die soziale Schiene“ erst nach der Frührente geriet, als er für Rotkreuz-Bereitschaft am Ort begann, Kinder in die Schule zu fahren. Er schaut zurück: „Im BDH-Ehrenamt habe ich viel dazugelernt und richtig gute neue Kontakte bekommen.“ Wichtig sei es gewesen, sich in die Strukturen des Sozialrechts reinzuknien und sich auf dem Laufenden zu halten. Aber alles wissen müsse man nicht, nur wissen, wen man fragen kann, sagt er lachend. Zinsheimers Engagement ging dann sogar soweit, dass er über den BDH viele Jahre ehrenamtlicher Sozialrichter am Sozialgericht Gießen wurde.
Für so etwas wie das soziale Ehrenamt muss man schon ein bisschen sozialverrückt sein.
Auch auf hessischer Landesebene hat Horst Zinsheimer BDH-Geschichte mitgeschrieben, acht Jahre als Beisitzer im Landesvorstand, ab 2013 als stellvertretender Vorsitzender bis die BDH-Landesverbände 2016 aufgelöst wurden. Sein Fazit: „Politische Arbeit ist gestern wie heute enorm wichtig. Verbündete unter den Politikerinnen und Politikern auf lokaler, Landes- und Bundesebene braucht der BDH, um sozial etwas zu verändern. Das dürfen wir auch in Zukunft nicht vergessen.“
In der Kreisverbandsarbeit haben sich heute Arbeitsschwerpunkte verschoben. Auch der Kreisverband Oberhessen bietet wie andere Kreisverbände jetzt feste Sprechstunden an. Die Anträge, Widersprüche und Verfahren werden in enger Abstimmung mit den hauptamtlichen Sozialjuristinnen und -juristen bearbeitet. „Raus fahre ich aber immer noch, wenn Menschen nicht mehr mobil sind“, sagt der Vorsitzende. In dem größer gewordenen Einzugsbereich können das schnell mal 60 Kilometer einfache Fahrstrecke werden. Waren es anfangs noch Friedberg und der Wetteraukreis kamen durch Zusammenlegungen später der Kreisverband Hanau bis Langenselbold, der Vogelsbergkreis und Gießen hinzu. Es wurde zunehmend schwierig, über so viele Kilometer Treffpunkte und gemeinsame Unternehmungen wie Ausflüge und Feiern zu stemmen.

Die monatliche Sprechstunde in der Burghofklinik Bad Nauheim wird gerne von Patientinnen und Patienten genutzt.
„Im Kreisverband Oberhessen konzentrieren wir uns heute darauf, gut und persönlich sozial zu beraten. Das wird in diesen Zeiten auch immer wichtiger. Auf eine Anfrage der Sozialarbeiterin der Burghofklinik Bad Nauheim für Psychosomatik und Psychotherapie hin haben wir uns deshalb auch 2023 entschieden, an einem Samstag im Monat dort eine Sprechstunde zur Beratung anzubieten. Mittlerweile haben wir bereits über 200 Patientinnen und Patienten helfen können. Etliche von ihnen wurden BDH-Mitglied.“
„Im großen Kreisverband Oberhessen können wir leider nicht mehr alle Mitglieder persönlich kennen“, sagt Ina Zinsheimer. „Gut ist deshalb, dass wir unsere Grußfee Ursula Schöpp haben, die das Persönliche pflegt. Sie ist gerade 95 Jahre alt geworden und hat auch eine typische BDH-Geschichte: War ihr Mann früher Kassierer, übernahm sie nach seinem Tod die stellvertretende Kassiererrolle selbst.“ Ina Zinsheimer gerät ins Schwärmen: „Über ihre Erzählungen haben wir für unsere Arbeit viel erfahren können. Noch immer ist sie unsere Beauftragte für die Seniorinnen und Senioren im Kreisverband und gratuliert per Post allen über 70 zu den runden Geburtstagen. Das ist unersetzbar.“
„Überhaupt schätzen die Zinsheimers ihr gutes Vorstandsteam. Die Kontakte untereinander sind fast familiär unter den acht Aktiven. Man trifft sich zur Sitzung abwechselnd zu Hause. Auf Hilfe untereinander muss niemand lange warten. Mittlerweile ist auch mit Sohn Normen die nächste Zinsheimer-Generation im Boot.
Solche kurzen und unkomplizierten Wege und Treffen wünscht sich Horst Zinsheimer auch zwischen den benachbarten Kreisverbänden, weil alles komplexer und schnelllebiger wird: Verbandsarbeit im BDH, Sozialrecht und Gesellschaft: „Ein regelmäßiges Forum kann helfen, mehr voneinander zu wissen und sich gegenseitig besser unterstützen zu können.“
Der 72-Jährige überlegt laut: Ob ich in zwei Jahren für das BDH-Amt noch einmal antrete, weiß ich nicht. Als Jugendwart habe ich immer gesagt, die Alten machen keinen Platz für die Jungen. Das sollte ich nun wohl auch langsam.“ Sicher ist es also nicht, aber sicher ist, dass der BDH weiter auf die Zinsheimers und das oberhessische Team bauen kann.
Ines Nowack, BDH-Redaktion