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Können wir uns durch eine Impfung vor einer SARS-CoV-2-Infektion und einer Corona-Virus-Erkrankung (COVID-19) schützen?

04. Juli 2022

Wissenschaftlich und dennoch leicht verständlich gibt Prof. Dr. med. Thomas Platz, Ärztlicher Direktor BDH-Forschung und Leiter des Institut für Neurorehabilitation und Evidenzbasierung, An-Institut der Universität Greifswald, Antworten auf Fragen, die noch immer aktuell sind.

COVID-19 Impfung

Fragen und Antworten rund um die Coronavirus-Impfung

Coronaviren vom Typ SARS-CoV-2 bescheren uns derzeit eine schwere Pandemie mit der Corona-Virus-Erkrankung COVID-19. Weltweit haben sich inzwischen 188,6 Millionen Menschen nachweislich infiziert, in Deutschland ca. 3,7 Millionen und es starben mit oder an COVID-19 weltweit mehr als 4 Millionen Menschen, in Deutschland mehr als 91 Tausend (Stand 17.07.2021). Die Zahlen nehmen weiterhin täglich deutlich zu. Die COVID-19-Erkrankung trifft ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen besonders hart. Die Behandlung schwerer Verläufe stellt die Intensivmedizin vor große Herausforderungen, nicht selten wird der Kampf um jedes einzelne Menschenleben verloren und es ist der Tod eines weiteren Mitmenschen zu beklagen.

Dagegen hilft nur eine umfangreiche Präventions-(Vorsorge-)Strategie. Schon die AHA-Regel ist ein wirksames Mittel, um sich gegen das Coronavirus zu schützen: Abstand einhalten, Hygieneregeln beachten, Masken tragen (insbesondere medizinischer Mund-Nase-Schutz oder „FFP2“-Masken). Dazu kommt die Corona-Warn-App der Bundesregierung und die „luca“-App für Gastgeber*innen und ihre Gäste. Auch sie tragen sie zur Eindämmung der Corona-Pandemie bei, indem sie dabei helfen, Infektionsketten zu durchbrechen. Ergänzt werden diese Grundregeln durch die vielen Maßnahmen, die von der Politik beschlossen werden, um die SARS-CoV-2-Verbreitung zu minimieren.

Neben all diesen wichtigen Maßnahmen ist ein zweiter wichtiger Baustein der Vorsorge (Prävention) die Entwicklung und Umsetzung einer Impfstrategie. Es sollen möglichst viele Bürger*innen gegen SARS-CoV-2 geimpft werden, damit jede/r einzelne vor COVID-19 geschützt werden kann, aber auch damit die Ausbreitung der SARS-CoV-2-Viren, die ja bei einer Infektion wesentlich verstärkt ist, auch durch den Infektionsschutz nach einer Impfung reduziert und möglichst unterbunden werden kann, wenn die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung geimpft ist. Es gibt also zwei Anliegen der Impfung: 1. der Schutz des einzelnen, und besonders wichtig sind hier die älteren Personen und Personen mit Vorerkrankungen, da für diese die Erkrankung häufiger schwer und sehr schwer verläuft, und 2. die Beherrschung der Pandemie insgesamt und damit eine Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens.

Die Politik sorgt dafür, dass für die gesamte Bevölkerung Impfstoff zur Verfügung steht. Wichtig ist jedoch auch, dass Impfbereitschaft besteht, um für alle einen möglichst guten Schutz vor COVID-19 zu erlangen und mittelfristig auch dadurch wieder eine Normalisierung des sozialen Lebens zu erreichen.

Mit der CovPass-App können alle das EU Digitale COVID Zertifikat für die Corona-Impfung auf das Smartphone laden und bei Bedarf vorzeigen. Zudem kann mit der App auch das Zertifikat für die Genesung von einer Corona-Infektion oder für ein negatives Corona-Testergebnis verwaltet werden. Die App ist ein kostenloses Angebot des Robert Koch-Instituts.

Natürlich ist die Impfung zum Schutz vor einer SARS-CoV-2-Infektion noch relativ neu und daher sollen hier einige grundständige Information zur Impfung gegeben werden.

Präventive (im Rahmen der Infektionsvorsorge gegebene) Impfstoffe

Präventive Impfstoffe regen die körpereigene Immunabwehr spezifisch an, sodass diese im Falle einer Infektion rasch reagieren und SARS-CoV-2-Viren im Körper bekämpfen kann. Damit soll primär vor der von SARS-CoV-2 ausgelösten Infektionskrankheit geschützt werden.

Mit welchen Technologien werden Virus-Impfstoffe im Allgemeinen entwickelt?

Es gibt viele verschiedene Ansätze zur Herstellung von Impfstoffen, die häufig auf sogenannten Plattform-Technologien beruhen. Das Prinzip der Plattform-Technologien basiert auf dem Baukastenprinzip, bei dem gleiche Grundstrukturen und Technologien (Plattformen) verwendet werden und nur die Erreger-spezifische Komponente (Virus oder genetische Information des Virus) ausgetauscht wird.

Die modernen Plattformen sind sich vermehrende oder vermehrungsunfähige „Vektor-Impfstoffe“, „DNA—Impfstoffe“ und „RNA-Impfstoffe“. Auf Basis all dieser Impfstoff-Plattformen gelang es weltweit Forschungsteams, innerhalb von Monaten verschiedene Impfstoff-Kandidaten gegen COVID-19 zu entwickeln. Einige wurden bereits im Tiermodell und am Menschen erprobt, mehrere in großen klinischen Studien geprüft. Aussagekräftige Ergebnisse großer Studien an Zig-Tausend Menschen führen dann zur Zulassung durch die Behörden.

Vektor-Impfstoffe: Ein abgeschwächtes (attenuiertes) Virus dient als Transportmittel (Vektor) für einen ungefährlichen Teil der Erbinformation von SARS-CoV-2 in wenige Körperzellen.

RNA/DNA-Impfstoffe: Diese Impfstoffe enthalten Teile der Erbinformation des Virus in Form von RNA bzw. DNA, die den Bauplan für ein oder mehrere Viruseiweiße (Proteine) bereitstellen. Nach der Impfung wird die RNA oder DNA von einigen wenigen menschlichen Körperzellen aufgenommen.

In diesen Körperzellen werden die eingeschleuste Erbinformation als Vorlage genutzt, um das oder die Virusproteine (Eiweiße) in der Zelle zu produzieren. Der Körper stellt also ohne Infektion mit dem Virus einen strukturidentischen Bestandteil des Virus selbst her. Da aber nur ein Bestandteil des Virus gebildet wird, ist ausgeschlossen, dass auf diesem Weg komplette vermehrungsfähige Viren entstehen können, die COVID-19, also eine Erkrankung mit dem Virus auslösen könnten. Die neu gebildeten, ungefährlichen „Virus“-Proteine werden als „Antigene“ (fremdartige Eiweiße) bezeichnet. Denn sie aktivieren das körpereigene Immunsystem und erzeugen so die schützende Immunantwort gegen dies fremden, nicht zum Körper gehörenden Eiweiße.

Wie funktionieren mRNA-Impfstoffe und was sind ihre Vorteile?

RNA-Impfstoffe enthalten die Erbinformation in Form von Boten-RNA („messenger RNA, mRNA“), die den Bauplan des Antigens (für ein ungefährliches Virusprotein) umfasst. Diese Erbinformation wird von Körperzellen als Bauplan genutzt, um das spezifische Antigen (ungefährliches Virusprotein) in wenigen Körperzellen selbst zu produzieren. Die Zellen präsentieren dieses Antigen Immunzellen, was die gewünschte spezifische Immunantwort auslöst. Bei einem späteren Kontakt der geimpften Person mit SARS-CoV-2 erkennt das Immunsystem das Antigen wieder, da das Virus ja auch dieses Protein als Bestandteil hat, kann darüber das Virus spezifisch erkennen und so die Infektionskrankheit gezielt bekämpfen. Vorteile der mRNA-Impfstoffe sind unter anderem die einfache Struktur der RNA und die Möglichkeit, in wenigen Wochen viele Millionen Impfdosen herzustellen.

Wie hoch ist die Gefahr der Integration von mRNA-Impfstoffen ins Genom (primäre menschliche Erbinformation)?

Es besteht keine Gefahr einer Integration von mRNA in das humane Genom, die primäre menschliche Erbinformation. Beim Menschen befindet sich das Genom in Form von DNA im Zellkern. Eine Integration von RNA in DNA ist unter anderem aufgrund der unterschiedlichen chemischen Struktur nicht möglich. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass die von den Körperzellen nach der Impfung aufgenommen mRNA in DNA umgeschrieben wird.

Kann ein COVID-19-Impfstoff Schutz bieten, wenn das SARS-CoV-2-Virus mutiert?

Die Mutation von Viren ist ein natürlicher Vorgang, bei dem sich das genetische Material des Virus verändert. Dies geschieht bei verschiedenen Viren mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Wenn ein Virus mutiert, heißt dies nicht automatisch, dass die genetische Veränderung die Wirksamkeit des Impfstoffs beeinflusst. Nach aktuellem Stand der Wissenschaft wird davon ausgegangen, dass auch bei den bisher beobachteten Virusmutationen ein Schutz durch die zugelassenen COVID-19-Impfstoffe besteht. Es wäre – wenn erforderlich – auch möglich, den Impfstoff an die Mutation anzupassen, was bereits Gegenstand der Forschung ist.

Wie soll geimpft und damit mit den zugelassenen Impfstoffen wirksam vor einer SARS-CoV-2-Infektion geschützt werden?

Für eine vollständige Immunisierung sind mit den mRNA-Impfstoffen von BioNTech/Pfizer (Comirnaty) und Moderna (Spikevax) und dem Vektor-basierten Impfstoff von AstraZeneca (Vaxzevria) zwei Impfstoffdosen notwendig. Eine zweite Impfstoffdosis muss - je nach Hersteller - in einem bestimmten Abstand zur Vervollständigung der Impfserie verabreicht werden. Für den Vektor-basierten COVID-19-Impfstoff Janssen von Janssen-Cilag International (gehört zum Gesundheitskonzern Johnson & Johnson) ist bisher nur eine Dosis zur vollständigen Immunisierung erforderlich.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut STIKO empfiehlt folgende COVID-19 Impfungen (Stand: 09.07.2021)

Impfstoff

Empfohlene Altersgruppe

Empfohlener Impfabstand 

Comirnaty (BioNTech/Pfizer) 

Ab 18 Jahre; 12-17 Jahre: mit Vorerkrankungen (siehe STIKO-Empfehlung) 

3-6 Wochen 

Spikevax (Moderna) 

Ab 18 Jahre 

4-6 Wochen 

Vaxzevria (AstraZeneca) 

Ab 60 Jahre 

9-12 Wochen 

Heterologes Impfschema (Vaxzevria/mRNA-Impfstoff) 

Alle erstmalig mit Vaxzevria geimpften Personen, unabhängig vom Alter 

ab 4 Wochen 

Janssen (Janssen-Cilag International; Johnson & Johnson) 

Ab 60 Jahre 

 

 

 

 

Der Impfschutz baut sich nach der Impfung mit der Zeit auf. Bei vollendetem Impfschema kann etwa 14 Tage nach der letzten notwendigen Impfdosis von einer vollständigen Immunisierung ausgegangen werden.

Die STIKO wird die Evidenz von bereits zugelassenen Impfstoffen und neu zugelassenen Impfstoffen fortlaufend prüfen. Die Evaluation der Impfempfehlung erfolgt ebenfalls kontinuierlich und basierend auf neuen Erkenntnissen wird die Empfehlung gegebenenfalls angepasst.

Wie sollen Personen geimpft werden, die bereits eine SARS-CoV-2-Infektion hatten?

Die STIKO empfiehlt für Personen, die bereits eine SARS-CoV-2-Infektion hatten, die Verabreichung einer Impfstoffdosis. Es gelten folgende Empfehlungen:

Personen mit gesicherter symptomatischer SARS-CoV-2-Infektion empfiehlt die STIKO eine Impfstoffdosis in der Regel 6 Monate nach der Infektion. In Anbetracht der zunehmend besseren Impfstoffverfügbarkeit und der Unbedenklichkeit einer Impfung nach durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion ist die Gabe einer Impfstoffdosis jedoch bereits ab 4 Wochen nach dem Ende der COVID-19-Symptome möglich, wenn z.B. eine Exposition gegenüber künftig auftretenden Virusvarianten gegeben ist, gegen die eine frühere SARS-CoV-2-Infektion keinen ausreichenden Schutz mehr vermittelt.

Bei Personen mit gesicherter asymptomatischer SARS-Cov-2-Infektion kann die empfohlene einmalige Impfung bereits ab 4 Wochen nach der Labordiagnose erfolgen.

Personen, die bereits einmal gegen COVID-19 geimpft wurden und bei denen nach dieser Impfung eine SARS-CoV-2-Infektion durch direkten Erregernachweis gesichert wurde, sollen die 2. Impfung in der Regel 6 Monate nach Ende der COVID-19-Symptome bzw. der Diagnose erhalten. Die Gabe einer Impfstoffdosis ist auch hier bereits ab 4 Wochen nach dem Ende der Symptome möglich, wenn z.B. mit Exposition gegenüber neuen Virusvarianten zu rechnen ist, gegen die eine frühere SARS-CoV-2-Infektion keinen ausreichenden Schutz vermittelt.

Wer überwacht die Impfreaktionen (Nebenwirkungen)?

Auch bei breiter Anwendung wird die Wirksamkeit, Sicherheit und auch die Schutzdauer der COVID- Impfstoffe fortlaufend von den jeweiligen pharmazeutischen Unternehmen, die die Impfstoffe herstellen, selbst sowie durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und die zuständigen Gremien bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) überprüft und bewertet. Die entsprechenden Erkenntnisse werden genutzt, um zeitnah das aktuelle Wissen bei der Impfpraxis zu berücksichtigen.

Wer wird zuerst geimpft?

Die Priorisierung (stufenweises Vorgehen) der Impfabfolge wurde zum 7. Juni 2021 aufgehoben. Damit kann jeder und jedem in Deutschland ein Impfangebot gemacht werden. Das gilt für die Vertragsarztpraxen, die Betriebsärztinnen und -ärzte, die niedergelassenen Privatärztinnen und Privatärzte sowie für die Impfzentren der Länder.

Gibt es dennoch Personengruppen, die bei der COVID-19-Impfung besonders berücksichtigt werden sollten?

Aufgrund des Fortschritts in der Impfkampagne und zunehmender Verfügbarkeit von COVID-19-Impfstoffen ist ein stufenweises Vorgehen (Priorisierungsempfehlung) nicht mehr notwendig. Dennoch ist die impfende Ärzteschaft aufgerufen, bislang nicht geimpfte Erwachsene, die ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben oder die arbeitsbedingt besonders exponiert sind oder die engen Kontakt zu vulnerablen Personengruppen haben, weiterhin bei der Vergabe von Impfterminen bevorzugt zu berücksichtigen.

Ausführliche Informationen zu diesen Personengruppen gibt eine Übersicht der STIKO (Stand: 05.07.2021; abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/COVID-19/Priorisierung.pdf?__blob=publicationFile)

Muss ich nach der Impfung noch eine Maske tragen? Werde ich von Einschränkungen befreit, wenn ich geimpft bin?

Die bestehenden Empfehlungen (AHA-Regeln) und Einschränkungen zum Infektionsschutz gelten zunächst für alle weiter.