10. Mai 2024
Erst die erfolgreiche Klage der BDH-Rechtsabteilung in Berlin beendete eine 20-jährige Odyssee durch Instanzen, um die Folgen einer schweren neuroimmunologischen Erkrankung sozial abzufedern.
Das Chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS) ist kein neues Erkrankungsbild. In den Fokus der Öffentlichkeit rückte es aber erst, als bekannt wurde, dass man auch nach einer COVID-19-Erkrankung ME/CFS entwickeln kann.
Bislang gibt es allerdings keine zielgerichtete Therapie. Die schwere neuroimmunologische Erkrankung führt oft zu hochgradiger Behinderung. Vor der Pandemie wurden als Krankheitsauslöser bereits Epstein-Barr-, Dengue- und Influenza-Viren identifiziert.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert inzwischen intensive Forschung, um mehr über die Krankheitsmechanismen zu erfahren und bessere Therapieansätze zu entwickeln. Die Erkrankung löst schwerwiegende, meist lebenslang andauernde körperliche und kognitive Symptome aus, die man nicht mit "normaler" Entkräftung oder Überlastung vergleichen kann. Neben Schwäche und Erschöpfung treten unter anderem Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Muskel- und Kopfschmerzen, Reizempfindlichkeit und eine erhöhte Infektanfälligkeit auf. Charakteristisch ist die sogenannte Malaise, eine Verschlechterung, die oft erst am Folgetag einer Anstrengung auftritt und wochenlang anhalten kann.
Viele Betroffene können nicht mehr arbeiten, sind bettlägerig und pflegebedürftig. Häufig wird die Krankheit vom Umfeld zunächst nicht ernst genommen und es dauert lange, bis die richtige Diagnose vorliegt. Dies alles geht mit einer erheblichen physischen, psychischen und finanziellen Belastung einher.
Dies bekam auch eine 47-jährige Frau aus Berlin zu spüren, die sich an den BDH wandte, weil ihr Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt wurde. Erst die Klage vor dem Sozialgericht führte zum Erfolg. 20 Jahre zuvor hatte sie sich mit dem Epstein-Barr-Virus infiziert, vermutlich der Auslöser für ihre Symptome. Starke Schmerzen am ganzen Körper, schlimme Erschöpfungszustände und ausgeprägte Geräuschüberempfindlichkeit verschlimmerten sich stetig und führten über die Jahre schließlich zur Arbeitsunfähigkeit.
Nach einer jahrelangen Odyssee von Arzt zu Arzt wurde im interdisziplinären Fatigue Centrum der Charité-Universitätsmedizin Berlin kürzlich ME/CFS diagnostiziert. Im Verfahren konnte der BDH darlegen, dass die Deutsche Rentenversicherung sich nicht sachgerecht mit dem Krankheitsbild auseinandergesetzt und die Stellungnahmen der Charité, einer Spezialklinik in Bayern sowie einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie nicht mit einbezogen hatte.
Außerdem konnte glaubhaft gemacht werden, dass das Gutachten, auf das sich der ablehnende Widerspruchsbescheid stützte, Fehlinterpretationen enthielt. In Ermangelung von Fachkenntnissen zu ME/CFS hatte der Gutachter das Verhalten der Patientin missdeutet und falsche Rückschlüsse gezogen. Dank BDH ist die Betroffene nun finanziell abgesichert und hat eine Sorge weniger.
Annett Sauer, BDH-Rechtsabteilung, Berlin